Theater in Zeiten von Corona
Als im März der Corona-Lockdown begann, war auch für die Theater Schluss. So richtig zu verstehen war das für die Theatermenschen anfangs genau so wenig, wie für viele andere. Einige Häuser begriffen es sehr schnell. Andere spielten, bis es ihnen verboten wurde. Die Theater befanden sich zu dieser Zeit allesamt in den Vorbereitungen zur Spielzeit 20/21. Die Pressekonferenzen standen. Die Spielzeitbücher 20/21 waren in Vorbereitung oder sogar schon gedruckt. Und dann ging plötzlich gar nichts mehr.
In dieser Zeit, das gebe ich offen zu, bangten auch wir um unsere Jobs. Wir arbeiten für viele Theater in ganz Deutschland und eines nach dem anderen konnte zunächst nicht sagen, wie es weitergehen würde. Die Deutsche Oper in Berlin hatte das Spielzeitbuch bereits fertig gedruckt und ahnte, dass es möglicherweise Makulatur sein könnte. Immerhin ging Libretto, das monatliche Magazin, das wir gemeinsam mit Grauel Publishing betreuen, weiter. Das Theater Trier hatte 25 Collagen bei uns in Auftrag gegeben. Buchstäblich mit der Cover-Collage als letzter Illustration wurde das Projekt gestoppt (mittlerweile ist die Spielzeit 20/21 komplett umgestaltet worden, was für uns bedeutet, dass wir 12 neue Collagen anfertigen werden).
Richtig traurig war die Absage des Theaterfestivals Theater der Welt, das wir für das Düsseldorfer Schauspielhaus betreuen. Das sollte im Mai stattfinden. Und an diesem Plan hielt man noch ziemlich lange fest. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber irgendwann war natürlich klar, dass es nicht gehen würde. Und tausende fertig gedruckter Kataloge landeten im Müll (Das Festival wird jetzt hoffentlich 2021 stattfinden können).
Natürlich mussten auch die Staatstheater Stuttgart in den Lockdown – womit Reihe 5, das vierteljährliche Magazin, das wir ebenfalls gemeinsam mit Grauel Publishing machen mitten in der Herstellung zur zwanzigsten Ausgabe abgebrochen wurde. Und damit begann die Suche nach einem vernünftigen Ersatz. Denn das die Staatstheater auf irgendeine Weise mit dem Publikum in Verbindung bleiben mussten, war ziemlich schnell allen Beteiligten klar. Die Frage war nur: Was könnte das sein?
Es dauerte einige ziemlich quälende Wochen und sicher vier oder fünf fertige Konzepte, bis uns endlich einfiel, wie es gehen könnte. Das war schon spät im April, als die drei Sparten Oper, Ballett und Schauspiel anfingen, sich über Alternativen zu den geplanten Stücken Gedanken zu machen. Das Theater erwachte wieder und wollte unbedingt spielen. Dass Spielen in den Theatersälen ersteinmal nicht möglich sein würde, war auch klar. Also wurde improvisiert und es entstanden eine ganze Reihe sehr kreativer Formate an vielen Stellen in der Stadt und mit kleinen Besuchergruppen im Theater.
Und plötzlich musste es dann ganz schnell gehen. Musste unbedingt wieder in die Öffentlichkeit gegangen werden. Musste Reihe 1 fertig werden. Denn das war die Idee: Nicht mehr vierteljährlich, sondern monatlich sollte nun publiziert werden. Und das leuchtete allen sofort ein und sollte genau so gemacht werden: eine monatliche Broschüre in einem handlicheren Format musste entwickelt werden, die schnell und spontan über das berichten konnte, was an allen Ecken des Theaters entstand.
Jetzt ist das erste Heft fertig und die nächsten in der Vorbereitung. Und Reihe 1 ist genau so geworden, wie wir uns das vorgestellt haben. Schnell und modern. Ein Beweis für die unbändige Kreativität, die in den Theatern steckt und die zeigt, wie wichtig Kultur ist. Und wir sind froh und stolz, ein Teil dieser Entwicklung zu sein, die Theater vielleicht sogar ein Stück weit neu erfindet.
Titelbild: Manuel Wagner für die Staatstheater Stuttgart